Ein deutsch-russischer Expertenkreis, der sich in ausgesprochen sympathischer und gut gelaunter Eintracht anregende Diskussionsbälle zuspielt?

Dieses exklusive Erlebnis genossen 96 Gäste beim Moskauer Gespräch am 30. Mai 2019 in vollen Zügen. Dabei war die Frage des Abends keine leichte: „11 Jahre Finanzkrise – droht bald die nächste?“.

Der Frage von ZDF-Wirtschafts-Moderatorin Eva Schmidt stellten sich keine Geringeren als: Prof. Andrei Nechaev, russischer Wirtschaftsminister (1992-1993) und Präsident der russischen Bank der Finanzgesellschaft (1993–2013), Prof. Reint E. Gropp, Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Prof. Christian R. Proaño, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und Jan Berger, CEO 2b AHEAD ThinkTank Leipzig.

Die Antwort war einmütig: „Ja, sie kommt.“ Wann genau und woher? Durch Schattenbanken, China oder Kryptowährungen?

Auf keine der vielen potentiellen Ursachen wollten die vier Experten sich festlegen. „Wenn man wüsste, was konkret die Finanzkrise auslösen wird, würde sie nicht eintreten. Denn dann hätten weltweit die Regierungen schon längst die richtigen Gegenmaßnahmen ergriffen.“

Dies war unisono die in sich logische, aber auch frustrierende Antwort für das gespannte Publikum.  Einig waren die vier sich auch, dass die nächste Finanzkrise die meisten Länder noch härter treffen werde. Viele Staaten seien durch die letzte Finanzkrise noch hoch verschuldet. Zudem bestehe gerade in Europa mit der 0-Zinspolitik auch 0 Spielraum, durch weitere Zinssenkungen ausgleichend gegenzusteuern. Fast wie ein Blitz schlug dann die These ein, eine Finanzkrise müsse auch gar nicht zwingend nur negativ sein. Sie könne wie ein „klärendes Gewitter“ reinigende Funktionen haben. Angesichts der massiven sozialen und politischen Schäden der letzten Finanzkrise, wollten sich dieser Sichtweise auch nur 2 der vier Experten anschließen. Unterschiedliche Lösungen bot das Panel auch an, um die kommende Finanzkrise und ihre Folgen abzumildern. Regulierungen im Finanzsektor an Aktivitäten anstatt Institutionsarten auszurichten, war ein Vorschlag. Eine wagemutigere Politik, die die von Veränderungen betroffenen Menschen auf diese klarer vorbereitet, war eine andere Forderung. Der schädlichste Faktor sei derzeit jedoch, wie erfolgreich heute behauptet werden könne, dass die Welt eine Scheibe sei. Die Bürger würden immer weniger von der Realität geleitet. Ihre Entscheidungen fußten immer Stärker auf einer individuell und emotional gefärbten Wahrnehmung der Realität.

Ein Phänomen, das sicher auch die Experten des nächsten Moskauer Gesprächs am 19. Juni beschäftigen wird: „1945, 1970, 1990 – deutsch-russische Erinnerungskulturen und die Halbwertzeit historischer Erfahrungen“.