Modelle für ein neues Kapitel in den deutsch-russischen Beziehungen?

Moskauer Gespräch anlässlich der Eröffnung der Wanderausstellung: „Willy Brandt 1913–1992. Ein Leben für Freiheit, Frieden und Versöhnung zwischen den Völkern“ im Deutschen Historischen Institut Moskau

Es diskutierten miteinander:

  • h.c. Gernot Erler, ehemaliger Koordinator für die zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mir Russland, Zentralasien und den Ländern der Östlichen Partnerschaft der deutschen Bundesregierung (2014-18), ehemaliges Mitglied des Deutschen Bundestages (1987-2017), Staatsminister beim Bundesminister des Auswärtigen a.D.  
  • Andrey Zagorsky, Leiter der Abteilung für Disarmament and Conflict Resolution Studies am Primakov Nationalen Forschungsinstitut für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen (IMEMO), Russische Akademie der Wissenschaften
  • Sergey Medvedev, Geschäftsführer Dekabristen e.V., Berlin
  • Alena Epifanova, Forscherin am Robert Bosch-Zentrum für Mittel- und Osteuropa, Russland und Zentralasien, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.
  • Moderation: Tamina Kutscher, Chefredakteurin, dekoder.org

Gegenseitige Entfremdung als Status Quo der deutsch-russischen Politik, Wiederbelebung des Dialogs und Vertrauensbildung als Wunschziel; kein einfacher und kurzer Weg dorthin – das war in Kürze die Bestandsaufnahme der Expert*innen des gestrigen Moskauer Gesprächs Online. Eine Überraschung konnte diese politische Diagnose sicherlich für keine der 130 Zuschauer*innen sein. Doch im Zentrum der spannenden Diskussion zum Thema „Der Moskauer Vertrag 1970 und der Weg zur Deutschen Einheit: Modelle für eine neues Kapitel in den deutsch-russischen Beziehungen?“ stand die Vorbildfunktion der Ostpolitik der Regierung Brandt: Wäre die damalige „paradoxe Intervention“ auch ein guter Ansatz für heute? Moderiert von der dekoder – Chefredakteurin Tamina Kutscher warf das Gespräch dabei einen wichtigen Scheinwerfer auf die Bedeutung eines modus vivendi für bestehende Divergenzen. Dieser sei der Erfolgsschlüssel des ersten Moskauer Vertrages gewesen, legte Gernot Erler dar. Daraus ergebe sich die Möglichkeit, neben den verschlossenen Türen andere für eine Annäherung öffnen zu können. Einen modus vivendi gelte es daher auch für die seit geraumer Zeit den Weg blockierenden Konfliktpunkte zu finden. Geduld dafür mahnte auch Andrej Zagorski an; schnelle Änderungen gebe es nie. Zugleich böten die deutsch-russischen Beziehungen – darin waren sie sich auch mit Alena Epifanova und Sergey Medvedev einig – viele positive Grundlagen auf kultureller, wirtschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Ebene, um eine Annäherung mit einer Politik der kleinen Schritte zu fördern. Auch ähnliche Erfahrungen können Nähe schaffen.

Link zur Aufzeichnung der Veranstaltung: